Man muss dem steirischen Blatt “Kleine Zeitung” und der Wirtschaftskammer Steiermark zu ihrem ganzheitlichen Energetikführer ja fast gratulieren. Das 56-seitige Machwerk lässt praktisch nichts aus, was es so an Schwurbelei gibt.
Im Vorwort des Obmanns der Fachgruppe der Gewerblichen Dienstleister der Steiermark erfährt man, dass die Energetiker zu den am schnellsten wachsenden Berufsgruppen gehören und wir sehen da leider keinen Grund, ihm nicht zu glauben – der Mann weiß vermutlich, wie die Mitgliederzahlen aussehen. Sollte man sich da nicht eher schämen als damit zu protzen?
Auf der Webseite der Wirtschaftskammer findet man die Energetiker und Astrologen dann auch gleich zusammen mit seriösen Berufen wie z.B. Forstunternehmern. Als Mitglied einer seriösen Branche kann man sich nur sehr bedanken, mit sowas in der selben Rubrik zu landen.
Der Obmann-Stellvertreter Dr. Martin Schiffner tritt dann auf der nächsten Seite gleich nochmal nach und erklärt “Energetik ist keine Glaubensfrage”. Stimmt, denn da gibt es nichts zu glauben: Energetik ist leider einfach nur Abzocke.
Dr. Schiffner ist natürlich anderer Meinung, er ist ja selbst Energetiker. Kein Arzt, wie man aufgrund des Doktortitels vielleicht glauben möchte, sondern Rechtsanwalt, darauf spezialisiert “… aus [einer] ganzheitlichen und systemischen Sicht zu beraten…” und weist auf seiner Homepage auch darauf hin, wie falsch doch unsere übliche Wahrnehmung von Erfolg und Misserfolg ist: “wie oft hat sich ein scheinbar vordergründiger Misserfolg nachträglich als „Geschenk“ und letzten Endes als Erfolg erwiesen“. Das macht Mut und Sinn: ein Anwalt, der einem im Vorhinein schon energetisch zeigt, wie man ein verlorenes Verfahren in einen Erfolg umdichtet.
Aber zurück zum Energetik-Führer. Es ist zuviel Unsinn darin, um es im Detail aufzuzählen. Sich mit Düften und Aromen, so genannter Aromatherapie, einzuräuchern mag ja noch ganz nett sein. Sozusagen als Einstiegsdroge. Aber dann geht es gleich mit absoluten Schwurbelmethoden wie Bioresonanz und Orgonenergie weiter; man kann sich nach Körbler mit “Neuer Homöopathie” sanieren lassen und vieles mehr.
Ein Abschnitt widmet sich den Bachblüten, von denen sicher die meisten Leute glauben, dass sie an Bächen wachsen und nicht den Ausflüssen eines Herrn Bach entsprungen sind. Weiters kann man sich mit Gongs das Wasser im Körper gut durchvibrieren sowie mit göttlicher Heilung das Prana gerade richten lassen.
Der (aus unserer Sicht) wirklich gruselige Teil kommt allerdings erst im “Werbeblock”, wo auf gut 20 Seiten mehrere Hundert (geschätzt) “Experten” ihre Dienste anbieten. Erschreckend, wie viele Leute sich ihren Lebensunterhalt mit Schwurbelei verdienen (können)… Bitter.
Man muss sich aber nach Durchsicht des Machwerks vor allem fragen: Wer ist eigentlich hier unseriöser – die Kleine Zeitung oder die Wirtschaftskammer, die solchem Unsinn Vorschub leistet? Wir meinen, dass sowohl Zeitungen (journalistische Ethik und so) als auch Organisationen wie die Wirtschaftskammer eine Verantwortung gegenüber dem Bürger haben. Ok, das ist vielleicht naiv, aber was kommt als nächstes? Führen wir Diebesgilden ein?
Pfui Teufel an die Kleine Zeitung und die Wirtschaftskammer für diesen Ausverkauf!